Mangelnde Distanz von Verschwörungen – Erklärungsversuche

Vielleicht bist du seit der Pandemie auch manchmal an dem Punkt, wo du dich fragst: wieso bitte sind so viele Yogi*nis Verschwörungen so zugetan? Was ist der Zusammenhang? Hier wollen wir dir ein paar Erklärungsversuche zusammenfassen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Es geht dabei nicht darum, irgendetwas zu rechtfertigen oder zu verharmlosen, sondern nur zu verstehen!

Viele Personen begeben sich auf eine tiefere Sinnsuche, weil sie sich persönlich in herausfordernden Phasen ihres Lebens befinden. Das kann sie zum Yoga führen. Gerade in diesen Zeiten sind sie aber besonders vulnerabel und angreifbar. Wie bei vielen anderen selbstständigen Berufen, war auch in der Yogaszene während der Pandemie die finanzielle Angst und drastische Veränderungen der Unterrichtspraxis besonders präsent. Viele Yogastudios konnten sich auch nicht halten und somit wurden die Existenzen von Vollzeit-Yogalehrer*innen zerstört. Das kann besonders wütend, verzweifelt und vulnerabel machen.

Yoga spricht vulnerable Personen an

Vulnerabilität macht man besonders anfällig dafür, sich einer Person anzuschließen, der ich vertraue, und einfach ihre Wahrheit unhinterfragt anzunehmen. Das kann zu sektenähnlichen Strukturen führen. Unserer Meinung nach darf man natürlich Lehrer*innen und Mentor*innen haben – aber man sollte seine Quellen diversifizieren und nicht nur einer folgen und zudem alles selbst hinterfragen.

Sich einer Gruppe anzuschließen, die von der Durchschnittsgesellschaft nicht verstanden wird, kann auch zu Zurückweisungen oder zum abgestempelt werden führen. Dieses Unverständnis kann auch bei Yogi*nis auch die Identifikation der Gruppenzugehörigkeit noch mehr verstärken. Weil man dadurch auch wieder positive Selbstaufwertung brauchen kann, kann das eine Weltsicht der Aufteilung in „gut“ und „böse“ verursachen. Das nennt man auch In-grop-out-group-Denken.

Exkurs: Verschwörungsnarrative sind antisemitisch

Hinter vielen Verschwörungsnarrativen stecken antisemitische Vorurteile. Disclaimer: es gibt viel mehr zu dem Thema zu sagen, das die Länge eines Beitrags weit überschreiten würde. Es gibt Verschwörungserzählungen schon sehr lange, und je nach Zeitalter werden sie an die Situation angepasst.

Welche antisemitischen Verschwörungsnarrative gibt es denn?

  • Geheime Mächte, die das Volk im Hintergrund beherrschen. Das gab es Anfang des letzten Jahrhunderts, dazu gehören auch die Verschwörungen rund um den Anschlag des 11. Septembers, das wurde Bill Gates angehangen etc.
  • Die Metapher der „Marionette“, die Politiker:innen lenken ist sehr verbreitet, laut einer Studie der Friedrich Ebert Stiftung 2019 glaubten 33% der Befragten daran.
  • Die Idee, eine geheime Elite hätte das Corona-Virus in die Welt gesetzt. Corona stammt aus einem Labor, „Big Pharma“ sei an allem Schuld etc.

Das alte antisemitische Narrativ der jüdischen Weltverschwörung wurde der Corona-Pandemie angepasst. Zugleich entstand die paradoxe Situation, dass die Coronaleugner :innen einerseits Jüd:innen als Täter:innen identifizierten und andererseits sich selbst mit Holocaustopfern verglichen. Es entsteht in der Esoterik dadurch ein gemeinsames „Feindbild“, dass die Querdenkerszene und auch viele die sich nicht direkt dazu zählen wollen, zusammenhält.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Esoterik und Spiritualität?

Gar nicht so einfach, denn die Grenzen scheinen zu verschwimmen. Als „Spiris“ sehen sich viele Yogalehrer:innen, mit Esoterik wollen sie nicht viel zu tun haben- aber was ist jetzt genau was?

Die Grenze ist nicht klar zu ziehen, denn es gibt keine feste Definition von Esoterik. In der Spiritualität geht es um den Glauben an Kräfte ausserhalb des Sichtbaren, an einen göttlichen Kern in allem Lebendigen und die Arbeit damit ist ein Verbinden oder Erinnern daran. Die Verbindung, das Einssein mit anderen Lebewesen und Menschen. Es ist eine innere Arbeit und die Erinnerung daran, dass Menschen mehr sind der Körper und der Verstand. Dazu gehört auch die bewusste Beschäftigung mit Sinn- und Wertfragen. Sie ist auch allen zugänglich und nicht exklusiv, denn jedes Lebewesen hat den göttlichen Kern in sich.

In der Esoterik geht es oft um eine Verbindung zu äußeren, übersinnlichen Kräften, um Aura lesen, Zukunft vorher sagen, Telepathie und pseudowissenschaftliche Erkenntnisse. Es geht auch um Geheimwissen, um Menschen die mehr sehen können als andere und darin besteht auch einer der Zugänge der Schwurbel-Szene. Mit der Überhöhung durch ein Wissen, was nicht allen zugänglich ist, der Glaube an Verschwörungen, Ausserirdische und Nachrichten aus anderen Sphären rechtfertigen Anhänger:innen dieser Szenen ihre Theorien.

Es geht hier nicht um eine pauschale Verurteilung einer der beiden sondern um einen Ansatz, sie auseinanderzuhalten. Zudem wird allgemein in der Spiritualität wird oft davon ausgegangen, dass alles, was passiert, einer Sinnhaftigkeit untersteht. Allerdings ist dieser Grundsatz wenn man ihn auf einen Virus bezieht, extrem problematisch. Die Entsagung der Wirklichkeit bzw. physischen Welt wird bei Verschwörungstheorien zudem etwas zu wörtlich genommen. Uns ist es wichtig, dazu beispielsweise in unserem Manifest eine klare Stellung beziehen. Tut man das nicht, ist man Teil des Problems.


Quellen: BPB, Tagesspiegel.de, amadeu-antonio-stiftung.de

Foto von MART PRODUCTION von Pexels

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